Animalisches Sub-Selbst, Ego und Selbstreflektion

Viele spüren zur Zeit eine besonders ausgeprägte Tendenz, bei der alte, unbewußte Muster an die Oberfläche des Bewußtseins gelangen. Dazu können alte Konflikte, Traumata, Dogmen oder sonstige „Leichen im Keller“ gehören. Bisweilen wird man von der Intensität dieser Muster überwältigt, und läßt sich vom Ego steuern. Das Ego ist dabei in einer Art Alarmzustand, bei dem verschiedene psychische Verteidigungs- bzw. Vermeidensmuster verwendet werden. Daraus erwächst in erster Linie Zündstoff für Streits und Konflikte zwischen den Menschen. In Extremfällen treffen  bei beiden Konfliktparteien ähnliche, alte Muster aufeinanderzutreffen, so dass jeder Teilnehmer mit einer Art verzerrtem Spiegelbild konfrontiert wird. Was er darin erkennt, wird folglich als Gefahr eingestuft, denn es springt auf die eigenen, unreflektierten Konfliktmuster an.

Es stellt sich allerdings die grundsätzliche Frage, wie solche Konfliktmuster entstehen, oder zumindest, warum sie so zerstörerisch werden können. Eine Möglichkeit könnte das Konzept des „animalischen Sub-Selbst“ (ASS) sein, wie es von Robert Monroe in seinem dritten Buch beschrieben wurde. Das ASS setzt sich aus den instinktiven Bereichen unseres Gehirns zusammen, und beinhaltet immer noch die Instinktmuster aus Urzeiten (der Bereich wird auch manchmal als „Reptiliengehirn“ bezeichnet). Während diese Muster für weniger komplexe Lebensformen eine überlebensnotwendige und vollkommen verläßliche Lösung bieten, entstehen im menschlichen Geist hingegen extreme Widersprüche.

So kann der Herdentrieb der individuellen Vernunft im Wege stehen, wenn man es vorzieht, ohne Eigenverantwortung und Selbstdenken dem Gruppenkonsens zu folgen. Dieser kann geradewegs ins Verderben führen, was durch ein individuelles Selbstdenken der Gruppenmitglieder hätte verhindert werden können. Der eine, ausschlaggebende Gruppenimpuls wurde nicht hinterfragt, und somit keine Selbstreflektion betrieben. Ein anderes Beispiel ist die Gier und der Glaube an endlose Expansion. Während der grundlegende Impuls sicherlich mal eine vernünftige Einrichtung zum Überleben war (z.B. Vorräte für den Winter anlegen), ist er in unserer Gesellschaft völlig verzerrt und bis zur Absurdität pervertiert worden.

Der lebensnotwendige Instinkt von früher wurde mit der Zeit zu Materialismus und Geldgier, und leider sogar zu einem erstrebenswertem und anerkannten Ziel in der Gesellschaft. Es ist der Trieb, der Milliardäre, die sich nie wieder Geldsorgen machen müßten, mit rücksichtslosen Mitteln immer noch mehr Kapital anhäufen läßt. Zur Rechtfertigung wird dann gerne dass „Survival of the fittest“-Prinzip herangezogen (mündend in Sozialdarwinismus), damit die millionen Verhungernden, welche keine derartigen Möglichkeiten („Intelligenz“, Umstände…) oder die passende Rücksichtslosigkeit hatten, nicht das Gewissen des „Gewinners“ belasten. Ein vernichtender Teufelskreis, bestehend aus  absurder Aneignung und ungerechter Verteilung, ist entstanden. Weitere Beispiele wären Staatenbildung, Kontrollbedürfnisse und disharmonischer Raubbau an der Natur. Kurz gesagt; Leben im Ungleichgewicht.

Man kann durch Selbstbeobachtung feststellen, dass alle Schichten des Wachbewußtseins ausnahmslos das ASS durchlaufen, und durch dessen Impulse beeinflußt werden. Was für Tiere lebensnotwendig ist, hat sich für die Menschen zum warscheinlich größten Problem (oder am Ende zum größten Entwicklungsmotor; wie man es nimmt) entwickelt. Es kann nicht abgeschaltet werden, weil es fester Bestandteil unseres Wachbewußtseins und des Egos ist. Aber man kann versuchen, den Einfluss auf sich selbst zu verringern. Dazu hilft allerdings nur Selbstreflektion und Selbsterkenntnis. Warum reaigere ich in Situation X auf die Weise Y? Wieso löst Muster Z bei mir Konfliktreaktionen aus?

Sind die mir legitim erscheinenden Reaktionen wirklich berechtigt, oder entpuppen sie sich bei objektiver Betrachtung als Irrtum? Solche Fragen sollte man sich in konflikthaften Situationen stellen, und versuchen, den eigenen Standpunkt aus einer komplett anderen Sicht wahrzunehmen. Auch Schuldzuweisungen und Wertungen führen in eine Sackgasse, selbst wenn sie erstmal legitim erscheinen. Das Ego besteht in der Regel auf Geltung und die Zuerkennung des eigenen Rechts. Dies ist auch ein wichtiger Schutzmechanismus in unserer Welt, aber man sollte ihn stets hinterfragen, und schauen, ob man sich im Kreis bewegt. Wenn ewig nach dem „Auge um Auge“-Prinzip vorgegangen wird, ist die Menschheit am Ende völlig blind.

Das Ego ist also scheinbar immer noch ein effektiver und (mit Vorbehalt) „notwendiger“ Wachhund in unserer Zeit. Es kann (wenn es ungehindert agieren kann) verdammt hart und ungerecht zubeißen, weshalb es immer an der Hundeleine namens „Selbstreflektion“ gehalten werden sollte. Ansonsten wird das Lernspiel namens „Irdisches Lebenssystem“ frustrierend und kommt letztlich zum Stillstand (was in letzter Konsequenz wohl auch das Ende der menschlichen Spezies bedeuten würde).

Zum Schluss noch ein spezieller Dank an eine bestimmte Person, die mich zu diesem Artikel inspirierte.

Autor: Wingman

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